MOTM
5HE Modular Synthesizer Format
MOTM-Potis zu bewegen ist nicht nur ein grösseres Vergnügen, sondern auch differenzierter, als es mit den kleinen Eurorack Potis möglich ist. Das aufeinander abgestimmte Erscheinungsbild erzeugt bei mir ein zusammenhängenderes Gefühl - irgendwie eine grössere Ruhe.
Die hochwertigen Eckdaten dieses 5HE-Formates wurden durch die Nutzer und Entwickler definiert und diese Vorgaben betrafen auch die Bauteile. Das Format ist nicht an Firmen gebunden. Sicht- und fühlbar sind vor allem die gediegenen Regler und Schalter, so wie das ganze Erscheinungsbild. Durch festgelegte Positionierungen der Regler und I/O's wirkt dieses Format optisch nicht so aufreibend, wie das Eurorack-Format. Die Patchkabel haben 1/4' Klinkenstecker (6,3mm), die Steuerspannung ist mit 10V pp die verbreitetste und damit auch kompatibelste. Die Betriebsspannung ist 15V.
Die Schaltungen stammen aus allen Richtungen: Moog, Roland, ARP, Yamaha, Buchla und Eigenentwicklungen - eine Art Pralinensammlung. Der MOTM 300 VCO - eine Eigen-Entwicklung von Paul Schreiber (Synthtech) - gehört zweifellos zu den besten Oszillatoren, die es je zu kaufen gab. Die 4014 Ringmodulatoren (ARP Schaltung) von Oakley Sound sind hervorragend - meine absoluten Favoriten!
Manche Module sind, um die Grösse im Zaum zu halten, mit weniger CV-I/O's ausgestattet - es gibt dann aber meistens auch eine grössere und komplexere Version desselben Moduls mit allen I/O's. Das MOTM-Format scheint grundsätzlich mehr zum Knöpfe-drehen, als zum Fernsteuern konzipiert zu sein - beim Spielen merkt man das schnell (an der Qualität und am Spielgefühl).
Extrem-Verschaltungen gehören eher in den Westcoast-Bereich (Buchla und Serge) - aber es gibt auch solche "westcoastigen" Module im MOTM Format. Die meisten MOTM-User scheinen aber die manuelle Verbiegung der Klänge am Instrument mit klarer East-Cost Tendenz vorzuziehen.
Qualität
Aussagen zur Bau-Qualität der Module sind nicht generell zu treffen, weil bei einem DIY Format keine einheitliche Fertigungs-Kontrolle stattfindet. Bei meinen vier "gebrauchten" Modulen, die ich (von 3 Verkäufern) über eBay gekauft hatte, habe ich durchweg schlechte Erfahrungen gemacht: schlechte (billige) Bauteile waren da noch das kleinste Übel. Die Auswahl des Modul-Bauers ist also entscheidend und man sollte sich unbedingt vorher erkundigen.
Die beste - oder besser, umwerfendste - Qualität haben die Module, die Paul Schreiber gebaut hat - der aber Verkauf, und ich nehme an, auch Produktion und Design, inzwischen abgegeben hat und sich auf das Eurorack verlagert hat. So gut die Module auch sind - und es sind wahre Meisterwerke - die Wartezeiten waren exorbitant und entsprachen nie - bei weitem nicht - den vorher getroffenen Absprachen. Das war wirklich kein Vergnügen. Von daher war es vielleicht nicht die schlechteste Idee, den Verkauf abzugeben. Trotzdem: die Module von Paul Schreiber sind beeindruckend! Die Fertigungs-Genauigkeit entsprach dem, was Amerikaner "Military Grade" nennen. Auch nach über 10 Jahren funktionieren alle, wie am ersten Tag.
Meine Module von Oakley Sound wurden alle von Paul Darlow (Krisp1) gebaut. Nicht nur die grössere Nähe (UK statt USA) - auch das geschäftliche Prozedere war viel entspannter und besser organisiert. Es gab nie Gründe zur Beanstandung bei der Kaufabwicklung. Ich muss aber sagen, dass die Bausweise "nicht so kollossal" wie bei Synthtech ist (z.B. keine Metallplatten hinter den Platinen). Das macht die Oakley Module deutlich leichter [und störungsanfälliger?], als die Synthtech Module. Auch sind die Positionen der Pots nicht mit denen von Synthtech MOTM identisch - diese Dinge sind eigentlich festgelegt. Einige Module (Potis) arbeiteten schon nach ca. 4 Jahren nicht mehr korrekt und machten Service-Arbeiten notwendig. Liegt es an den Bauteilen? Ich weiss es nicht. "Musikalisch" gesehen baut Oakley einige meiner Lieblings-Module.
Wie es jetzt mit dem Handel ist, kann ich nicht beurteilen - meine letzten 5U-Modul-Käufe liegen bereits mehr als 10 Jahre zurück. Insgesamt ist das MOTM Format eher auf einem Seitwärts-Weg und in der 5U-Welt hat es Veränderungen gegeben. Das MU-Format scheint zur Zeit das verbreitetste 5U-Format zu sein und bietet eine erstaunliche Modul-Auswahl. Über Qualitäts-Unterschiede kann ich nichts sagen, denn ich habe nie mit MU gearbeitet. Es war durch Synthesizers.com souverrän vertreten, aber auch diese Firma existiert nicht mehr. Inzwischen gibt es einige neue 5U-Firmen, wie Club-of-the-Knobs, Moon-Modular, Marienberg und mehr. Ich bin da nicht auf dem Laufenden und bin mit meinen MOTM Modulen - auch klanglich - sehr glücklich.
Meine Module
Synthesis Technology
120 Sub-Octave Multiplexer
300 Ultra VCO (3x)
310 µVCO
320 VC LFO (2x)
410 Triple Resonance Filter
440 Discrete OTA LowPass Filter
510 Wave Warper
700 Dual VC-Router
850 Larry Hendry Prototype #1 Dual Exp.-Pedal
910 Multiples
Oakley Sound Systems
Oakley VCO
Sample/Slew
Noise and Dual Filter
Diode Superladder-Filter
Triple Lag
4014 Ring Modulator (2x)
MultMixer (2x)
ADSR/VCA (2x)
Triple VCA (2x)
Multiples
Envelope Follower/Gate Extractor
Comparator & Gate Delay
Equinoxe Phaser
Overdrive
Strom
Bei MOTM hatte mich von Beginn an die etwas fragile Situation mit den von Synthtech und Oakley angebotenen OEM-Netzteilen irritiert, da sie nicht sehr leistungsfähig, durch Positionierung auf der Front aber recht gross (3U) und auch nicht gerade billig sind.
Durch eine Matrix-Entwicklung hatte ich das Glück, mit Graham Hinton von Hinton Instruments zusammenzutreffen, der vorgeschlagen hatte, mir neue Netzteile zu bauen.
Die Hinton-Netzteile sind sehr gross und schwer und haben einen Ringkerntrafo. Sie sind hervorragend gebaut, CE-geprüft und durch genaue Absprache perfekt auf die Anforderungen abgestimmt.
Auch die Strom-Verbindungskabel im Instrument und die Distributions-Karten habe ich ausgetauscht: statt MTA- werden nun Molex-Stecker verwendet. Auf einer Distributions-Karte sind zusätzlich 6 Eurorack Anschlüsse.
Mein "Umstieg" von ARP auf MOTM war für mich sehr kompliziert. Es war mein erster Modular-Synthesizer und ein in Deutschland extrem rares Format. Ich hatte keine Ahnung und war ziemlich verloren. Inzwischen ist alles einfacher geworden. Die "Community" ist sehr gross geworden und es gibt -zig Websites, die weiterhelfen. Ich hatte meine ersten MOTM Module 2010 von Jürgen Haible, einem Elektronik Genius, bekommen. Leider verstarb er kurz darauf, im Jahr 2011, viel zu früh.
Cabinet
Endlich habe ich (2020) ein neues Cabinet für meine MOTM Module gebaut. Seitdem ich die Buchla 200 Module habe (2015) - die sehr leicht sind - brauche ich mobil nur noch wenige MOTM Module (nur VCOs, Filter und RM), die einfach in ein kleines Case ummontiert werden können. 10 MOTM-U passen in ein 5HE 19 Zoll Case. Dafür habe ich eine extra Stromversorgung (von Oakley) und die 4 - 6 (wechselnden) Module lassen sich problemlos temporär austauschen. Was aber unmittelbar deutlich wurde, ist, dass die Form eines Instruments auch Teil des Interfaces ist. Ich habe wirklich unter den 19-Cases gelitten!
Boden, Rückwand und Decke sind mit den Seitenteilen verleimt. So haben alle horizontal verlaufenden Holzstücke dieselbe Breite - was gut ist, wenn man im Baumarkt einkauft. Die Bandsäge muss deshalb nur 1x eingestellt werden und alle gesägten Teile sind exakt gleich lang - was in Handarbeit nicht so einfach hinzubekommen ist.
Beeindruckt hat mich, dass der Gray Meanie 14V Trigger und 10V Gate ausgibt. ARP Trigger sind 15V und werden ab ca. 13,6V als "voll" vom Instrument angenommen. Trotzdem kann der 2600 vom Eurorack angesprochen werden: die Clock muss >6V, das Gate 4V und der Trigger 5V sein.
Die notwendigen Investitionen hielten sich mit unter €80.- in einem sehr übersichtlichen Rahmen (Holz, Leim, Schleifpapier, Beizpulver, Arbeitsplatten-Öl). Die Arbeiten habe ich in 4 Tagen ausgeführt. Vor allem das Wässern und Schleifen braucht etwas Zeit (mehrere Durchgänge), wenn die Oberfläche wirklich glatt werden soll.